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Guitar Amp Conversion

60ies Philips VE1306-02

 

Uns war da auf eBay dieser schnuckelige, kleine 12W Philips Verstärker über den Weg gelaufen.

Günstiger Preis, guter Zustand, beste Vorraussetzungen für nen kleinen Gitarren-Amp. Mussten wir haben!

Historie

wo kommst Du her?

 

Man findet nicht viel im allwissenden Internet über diesen süßen, kleinen 12W Röhrenverstärker von Philips der auf den "sexy" Namen VE1306-02 hört. Ok, die damaligen Ingenieure fanden den Namen bestimmt sehr sexy!

Die Ingenieure die sich den "sexy" Namen ausgedacht haben saßen damals übrigens bei Philips in Hamburg und das muss so Anfang der 1960er Jahre gewesen sein. Ganz genau können wir das nicht herausfinden, aber Quellen im Internet und der Bauteilemix in dem Amp deuten stark auf die frühen 60er Jahre hin.

Die hilfreiche (aber komplizierte) Seite Radiomuseum.org konnte uns zumindest mit einem Schaltplan weiterhelfen. 12W aus 2xEL84, Cathodyne Phase Inverter ("Hallo Fender Princeton"), EZ80 Gleichrichter, und die in den 60ern weit verbreitete Kombi aus EF40 und ECC40 in der Vorstufe. Zurecht: Tolle Kombi!

Wofür war dieser Amp ursprünglich gedacht?

12W... nur ein Mikrofoneingang... nur ein Lautstärkeregler und ein mysteriöser "T-Regler". Lautsprecherausgang nur per Kabel welches innen auf Lüsterklemmen angeschlossen wird... keine Anschlüsse auf der Rückseite... kein Griff zum Transportieren...

Ok, der Amp war definitiv nicht für mobilen Gebrauch konzipiert, sondern dafür irgendwo fest installiert, verkabelt und anschließend nicht mehr bewegt zu werden. Ich vermute Anwendungen wie Schul-Aula's ("der Schuldirektor spricht!"), kleine Gemeindesäle, Kirchen, etc. Eben alles wo in den 60ern jemand mit einem Mikrofon gehört werden wollte und anschließend kein DJ als Unterhaltung eingeplant war... ;-)

Aber wie auch immer, das puristische Design scheint perfekt daraus einen kleinen Gitarrenamp zu machen.

Die Zutaten versprechen: AC15 meets Princeton meets Echolette. Nicht schlecht!

Zwischenzeitlich...

wir Simulieren mal

 

Um die Wartezeit etwas zu verkürzen, simulieren wir den Amp anhand des Schaltplans von Radiomuseum.org schon mal in P-Spice um ein Gefühl für die Schaltung zu erhalten. 

 

Wie schon bereits vermutet: Alles deutet auf die Anwendung als Sprachverstärker hin. Sehr linearer Frequenzgang, hohe Gegenkopplung um Verzerrungen zu  vermeiden. Und der mysteriöse "T-Regler" entpuppt sich weder als "Tone" oder "Treble" Regler sondern als cleverer "Tiefen-Regler" der bei wichtigen Ansprachen des Schuldirektors effektiv unerwünschtes Rumpeln ausblenden kann.

Erster Eindruck

Glückstreffer. Top-eBay Seller erwischt!

 

Der erste Eindruck bestätigt die Auktions-Bilder: Sehr guter Zustand... größtenteils originales Röhrenset von Valvo... relativ "unverbastelt"... prima! Immer wieder beeindruckend ist die damalige Konstruktion der Gehäuse. Der Stil ist zwar sehr "Industrial", aber beim VE1306 muss man nur 2 Schrauben lösen um den kompletten Amp zerlegen zu können und vollen Zugang zu haben. Perfekt!

Ein erstes Screening der Schaltung sagt dass diese größtenteils original ist, allerdings schon mal jemand versucht hat "Service" bei dem Amp zu machen und ein paar Kondensatoren getauscht wurden. Hierzu gab es vom Vorbesitzer auch das "Serviceprotokoll" welches ein handgeschriebener Zettel war. Die Schaltung wurde hierbei nicht verändert (schonmal gut) und es wurden gute Bauteile verwendet... allerdings ist der "Service" doch etwas fragwürdig, da neue Bauteile teilweise einfach an noch vorhandene Drähtchen angelötet (teilweise eher "angeklebt") wurden. Einzelne Verbindungen haben sich schon bei der ersten Berührung gelöst...

Gut gemeint... auch nichts komplett falsch gemacht... aber halt schlampig gearbeitet. Das "üben" wir nochmal.

Übrigens wurden laut dem "Serviceprotokoll" auch die Röhren vermessen. Die ECC40 wurde damals gegen eine alte Philips getauscht, die 2 EL84 sollen aber noch recht gut in Schuss und tippitoppi gematcht sein. Let's see...

Erster Test

sind die Röhren noch fit?

 

Bei einem so schönen alten Röhrenset hofft man natürlich immer dass diese noch in Ordnung oder zumindest "brauchbar" sind.

Unserer Erfahrung nach stehen die Chance dafür recht gut, da die alten Valvo's mit zum Besten gehören was damals so produziert wurde und normalerweise dem Zahn der Zeit recht gut trotzen.

Also haben wir unseren eTracer angeworfen und dem Röhrenset mal auf den Zahn gefühlt:

  • EF40: Prima in Schuss!

  • ECC40: Gerade noch brauchbar, wobei 1 Triodensystem etwas schwächelt und im Grenzbereich erhöhten Strom zieht.

  • EZ80: Naja, geht so... die beiden Dioden sind jeweils deutlich unterschiedlich aber unterm Strich noch brauchbar.

  • EL84: Eine gut... die andere auf den ersten Blick auch gut... beim zweiten Blick aber leider ein Fall fürs Museum. Schade!

Unterm Strich also ein durchwachsenes Ergebnis, aber alte Röhrensets sind halt immer ein wenig wie Lotto spielen. Man hat nicht immer "6 Richtige".

Speziell bei den EL84 hat es sich ausgezahlt einen echten Curve-Tracer zu haben und nicht nur ein traditionelles Röhrenprüfgerät wie die deutschen Funke, die amerikanischen Hickok oder die russischen L3. Hier wird jeweils nur der Anodenstrom in einem bestimmten Arbeitspunkt bestimmt und daraus abgeleitet ob die Röhre noch gut ist.

Diese Prüfung haben die beiden EL84 auch in unserem eTracer beide mit "Gut" und ähnlichem Ergebnis bestanden. Dies hatte auch der frühere Servicetechniker in seinem Bericht so gemessen und vermerkt. Misst man aber nun tatsächlich das Kennlinienfeld der beiden EL84 sieht man sehr deutlich dass eine der beiden EL84 bei hohen Strömen dazu neigt "einzuknicken" und zu schwächeln. Mit einem traditionellen Röhrenprüfgerät hätten wir das nicht erkannt.

Nun geht es also an die Suche im TWS-Fundus nach einer Valvo EL84 mit passenden Werten oder der Verstärker bekommt doch ein neues Endstufenröhrenset spendiert. Let's see.