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Guitar Amp Conversion

60ies Philips VE1306-02

 

Uns war da auf eBay dieser schnuckelige, kleine 12W Philips Verstärker über den Weg gelaufen.

Günstiger Preis, guter Zustand, beste Vorraussetzungen für nen kleinen Gitarren-Amp. Mussten wir haben!

Historie

wo kommst Du her?

 

Man findet nicht viel im allwissenden Internet über diesen süßen, kleinen 12W Röhrenverstärker von Philips der auf den "sexy" Namen VE1306-02 hört. Ok, die damaligen Ingenieure fanden den Namen bestimmt sehr sexy!

Die Ingenieure die sich den "sexy" Namen ausgedacht haben saßen damals übrigens bei Philips in Hamburg und das muss so Anfang der 1960er Jahre gewesen sein. Ganz genau können wir das nicht herausfinden, aber Quellen im Internet und der Bauteilemix in dem Amp deuten stark auf die frühen 60er Jahre hin.

Die hilfreiche (aber komplizierte) Seite Radiomuseum.org konnte uns zumindest mit einem Schaltplan weiterhelfen. 12W aus 2xEL84, Cathodyne Phase Inverter ("Hallo Fender Princeton"), EZ80 Gleichrichter, und die in den 60ern weit verbreitete Kombi aus EF40 und ECC40 in der Vorstufe. Zurecht: Tolle Kombi!

Wofür war dieser Amp ursprünglich gedacht?

12W... nur ein Mikrofoneingang... nur ein Lautstärkeregler und ein mysteriöser "T-Regler". Lautsprecherausgang nur per Kabel welches innen auf Lüsterklemmen angeschlossen wird... keine Anschlüsse auf der Rückseite... kein Griff zum Transportieren...

Ok, der Amp war definitiv nicht für mobilen Gebrauch konzipiert, sondern dafür irgendwo fest installiert, verkabelt und anschließend nicht mehr bewegt zu werden. Ich vermute Anwendungen wie Schul-Aula's ("der Schuldirektor spricht!"), kleine Gemeindesäle, Kirchen, etc. Eben alles wo in den 60ern jemand mit einem Mikrofon gehört werden wollte und anschließend kein DJ als Unterhaltung eingeplant war... ;-)

Aber wie auch immer, das puristische Design scheint perfekt daraus einen kleinen Gitarrenamp zu machen.

Die Zutaten versprechen: AC15 meets Princeton meets Echolette. Nicht schlecht!

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Zwischenzeitlich...

wir Simulieren mal

 

Um die Wartezeit etwas zu verkürzen, simulieren wir den Amp anhand des Schaltplans von Radiomuseum.org schon mal in P-Spice um ein Gefühl für die Schaltung zu erhalten. 

 

Wie schon bereits vermutet: Alles deutet auf die Anwendung als Sprachverstärker hin. Sehr linearer Frequenzgang, hohe Gegenkopplung um Verzerrungen zu  vermeiden. Und der mysteriöse "T-Regler" entpuppt sich weder als "Tone" oder "Treble" Regler sondern als cleverer "Tiefen-Regler" der bei wichtigen Ansprachen des Schuldirektors effektiv unerwünschtes Rumpeln ausblenden kann.

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Erster Eindruck

Glückstreffer. Top-eBay Seller erwischt!

 

Der erste Eindruck bestätigt die Auktions-Bilder: Sehr guter Zustand... größtenteils originales Röhrenset von Valvo... relativ "unverbastelt"... prima! Immer wieder beeindruckend ist die damalige Konstruktion der Gehäuse. Der Stil ist zwar sehr "Industrial", aber beim VE1306 muss man nur 2 Schrauben lösen um den kompletten Amp zerlegen zu können und vollen Zugang zu haben. Perfekt!

Ein erstes Screening der Schaltung sagt dass diese größtenteils original ist, allerdings schon mal jemand versucht hat "Service" bei dem Amp zu machen und ein paar Kondensatoren getauscht wurden. Hierzu gab es vom Vorbesitzer auch das "Serviceprotokoll" welches ein handgeschriebener Zettel war. Die Schaltung wurde hierbei nicht verändert (schonmal gut) und es wurden gute Bauteile verwendet... allerdings ist der "Service" doch etwas fragwürdig, da neue Bauteile teilweise einfach an noch vorhandene Drähtchen angelötet (teilweise eher "angeklebt") wurden. Einzelne Verbindungen haben sich schon bei der ersten Berührung gelöst...

Gut gemeint... auch nichts komplett falsch gemacht... aber halt schlampig gearbeitet. Das "üben" wir nochmal.

Übrigens wurden laut dem "Serviceprotokoll" auch die Röhren vermessen. Die ECC40 wurde damals gegen eine alte Philips getauscht, die 2 EL84 sollen aber noch recht gut in Schuss und tippitoppi gematcht sein. Let's see...

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Erster Test

sind die Röhren noch fit?

 

Bei einem so schönen alten Röhrenset hofft man natürlich immer dass diese noch in Ordnung oder zumindest "brauchbar" sind.

Unserer Erfahrung nach stehen die Chance dafür recht gut, da die alten Valvo's mit zum Besten gehören was damals so produziert wurde und normalerweise dem Zahn der Zeit recht gut trotzen.

Also haben wir unseren eTracer angeworfen und dem Röhrenset mal auf den Zahn gefühlt:

  • EF40: Prima in Schuss!

  • ECC40: Gerade noch brauchbar, wobei 1 Triodensystem etwas schwächelt und im Grenzbereich erhöhten Strom zieht.

  • EZ80: Naja, geht so... die beiden Dioden sind jeweils deutlich unterschiedlich aber unterm Strich noch brauchbar.

  • EL84: Eine gut... die andere auf den ersten Blick auch gut... beim zweiten Blick aber leider ein Fall fürs Museum. Schade!

Unterm Strich also ein durchwachsenes Ergebnis, aber alte Röhrensets sind halt immer ein wenig wie Lotto spielen. Man hat nicht immer "6 Richtige".

Speziell bei den EL84 hat es sich ausgezahlt einen echten Curve-Tracer zu haben und nicht nur ein traditionelles Röhrenprüfgerät wie die deutschen Funke, die amerikanischen Hickok oder die russischen L3. Hier wird jeweils nur der Anodenstrom in einem bestimmten Arbeitspunkt bestimmt und daraus abgeleitet ob die Röhre noch gut ist.

Diese Prüfung haben die beiden EL84 auch in unserem eTracer beide mit "Gut" und ähnlichem Ergebnis bestanden. Dies hatte auch der frühere Servicetechniker in seinem Bericht so gemessen und vermerkt. Misst man aber nun tatsächlich das Kennlinienfeld der beiden EL84 sieht man sehr deutlich dass eine der beiden EL84 bei hohen Strömen dazu neigt "einzuknicken" und zu schwächeln. Mit einem traditionellen Röhrenprüfgerät hätten wir das nicht erkannt.

Nun geht es also an die Suche im TWS-Fundus nach einer Valvo EL84 mit passenden Werten oder der Verstärker bekommt doch ein neues Endstufenröhrenset spendiert. Let's see.

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Analyse des Ausgangsübertragers

unser Sorgenkind.

 

Leider war bereits vorab bei dem Amp zu sehen, dass er nicht über die heutzutage üblichen 4/8/16Ohm Lautsprecheranschlüsse verfügt, sondern 2 Anschlüsse zur Verfügung stellt die im Schaltbild mit "100V" und "3V" genannt sind.

"100V" ist klar. Dieser Anschluss ist für die damals üblichen 100V ELA-Anlagen gedacht und wir können damit nicht wirklich was anfangen. 

Um herauszufinden was wir mit dem "3V" Anschluss anfangen können bleibt uns nichts anderes übrig wie das Wicklungsverhältnis des Ausgangsübertragers zu bestimmen und anschließend auszurechnen welche Lautsprecherimpedanz hier für die 2xEL84 Push-Pull Endstufe Sinn macht.

Das klingt erstmal kompliziert, ist es aber eigentlich nicht.

Ein Ausgangsübertrager macht nichts anderes wie eine hohe Impedanz (hohe Spannung, wenig Strom) auf eine niedrige Impedanz (niedrige Spannung, viel Strom) umzusetzen. Dieser Umsetzungsfaktor wird durch das Wicklungsverhältnis bestimmt, welches leider meist nicht angegeben wird.

Wenn wir nun also wissen welche Primärimpedanz wir bei einer bestimmten Endstufenkonfiguration haben möchten und das Wicklungsverhältnis kennen, dann können wir berechnen für welche Lautsprecherimpedanz der Trafo geeignet ist. Umgekehrt können wir auch rückwärts berechnen für welche Primärimpedanz der Trafo geeignet ist wenn wir die Lautsprecherimpedanz und das Wicklungsverhältnis kennen.

In unserem Fall wissen wir, dass die 2xEL84 Push-Pull Endstufe gerne eine Primärimpedanz von 8000 Ohm sehen möchte, und wir würden gerne eine Gitarrenbox mit 4, 8 oder 16Ohm anschließen. Wir müssen also herausfinden ob das Wicklungsverhältnis des Ausgangsübertragers dies ermöglicht.

Der einfachste Weg dies zu Messen ist an die Sekundärwicklung des Ausgangsübertragers eine potente und regelbare Wechselstromquelle anzuschließen (z.B. ein Regeltrafo, zu englisch "Variac") und die eingespeiste Wechselspannung per Multimeter zu messen. Anschließend (oder gleichzeitig) misst man per Multimeter an der Primärwicklung des Ausgangsübertragers die transformierte Spannung. Teilt man nun die gemessene Primärspannung durch die eingespeiste Sekundärspannung erhält man das Wicklungsverhältnis des Trafos. Durch einfache Quadratur kann man anschließend berechnen für welche Speakerimpedanz dieser Trafo mit der vorliegenden Endstufe geeignet ist.

!!! VORSICHT !!!:

Beim Einspeisen einer Wechselspannung in die Sekundärwicklung eines Ausgangsübertragers fließt ein hoher Strom!
Also bitte immer bei 0 anfangen und dann sehr, sehr vorsichtig hochregeln. Wir wollen ja keinen Ausgangsübertrager grillen! Im Normalfall wird man selten mehr wie 10V einspeisen um an der Primärwicklung Spannungen im Bereich mehrer hundert Volt zu erhalten.

Übrigens findet man auch ein schönes Video auf YouTube von der kultigen Röhrenamplegende Uncle Doug in dem er erklärt wie man das auch ohne Regeltrafo bewerkstelligen kann.

Ergebnis:

Ok, nach all dem unverständlichen Tech-Talk... was kommt beim vorliegenden Philips VE1306-02 raus?

Leider kommt Mist raus!

Die mit "3V" gekennzeichnete Wicklung würde idealerweise eine Lautsprecherimpedanz von 1,2 Ohm verlangen.

Die mit "100V"gekennzeichnete Wicklung würde idealerweise eine Lautsprecherimpedanz von 1000 Ohm verlangen.

 

Was zum Teufel haben die Philips Ingenieure da damals getrieben?

Nun sie haben einen "Durchsageverstärker" entwickelt der genau auf die damaligen Verhältnisse optimiert war.
Entweder wurde dieser an ein 100V ELA Lautsprechersystem angeschlossen oder man hat 2 damals übliche Lautsprecherboxen wie die Echolette LE2 mit einer Impedanz von jeweils ca. 3 Ohm parallel angeschlossen. Das ergibt dann die eine Lautsprecherimpedanz von ca. 1,5 Ohm die ganz gut passt.

 

Weder das eine noch das andere passt für die geplante Anwendung als Gitarrenamp. Großer Mist!

Der Ausgangsübertrager ist also für diese Anwendung nicht zu gebrauchen.

 

Uns bleiben 2 Möglichkeiten:

  • Den Amp im Originalzustand belassen und als Mono-Verstärker für 2x4Ohm Studiomonitore zu verwenden

  • Austausch des Ausgangsübertragers

Darüber muss ich mal ne Nacht schlafen. Stay Tuned!

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Kleiner Philips...

was wird aus Dir? Die Entscheidung...

 

Ok, nachdem ich sogar "mehrere Nächte" über die Zukunft des kleinen Philips geschlafen habe ist die Entscheidung klar:

Aus dem 1306 wird ein Gitarrenverstärker!

Ein Workshop-Verstärker zum Musik hören wäre zwar cool... aber Mono macht keinen Spaß. Da müsste ich mich bei AC/DC ja immer zwischen Angus Young und Malcom Young entscheiden... "No-Go"!

Einen zweiten Verstärker zu finden für ein Stereo-Setup im Workshop ist unrealistisch...

Einen 10W Bedroom Gitarren-Amp kann man aber immer brauchen, vor allem mit den vorhandenen Zutaten!

Außerdem hat mich folgendes dazu bewegt den Eingriff mit neuem Ausgangsübertrager vorzunehmen:

Im vorliegenden Zustand ist der Verstärker zwar ziemlich original, aber einfach nicht praxistauglich.

Der Verstärker ist als Installations-Amp konzipiert und hat nur minimalste Anschlussmöglichkeiten (1x Mikrofoneingang).

Kein Speaker-Out, keine Netzbuchse... nichts. Es kommen alle Kabel direkt aus dem Amp raus.

Ich scheue mich ja immer davor alte Amps mechanisch zu verändern, aber hier sind einfach ein paar kleine Eingriffe notwendig um den 1306 in einen Zustand zu bringen, dass man ihn gerne benutzt und er nicht nur im Regal steht.

Deshalb bekommt der Amp:

  • Einen neuen Ausgangsübertrager für Gitarrenanwendung

  • Speaker Out Klinkenbuchse auf der Rückseite

  • Impedanzwahlschalter auf der Rückseite

  • Die Seitliche Mikrofonbuchse wird zum Gitarren-Eingang mit Klinkenbuchse umgebaut

Hierzu müssen wir 4 neue Löcher in das Gehäuse bohren (und zerstören damit den Originalzustand), aber das ist es wert!

Bis wir einen passenden, neuen Ausgangsübertrager gefunden haben machen wir uns schon mal an die Überholung des Netzteils sowie Vor- und Endstufe...

Überholung des Netzteils

deepdive ins Internet.

 

Beim Vermessen der Röhren hatten wir bereits festgestellt, dass die 2x EZ80 Gleichrichterröhren noch brauchbar sind.

Die beiden alten Philips Elkos mit jeweils 2x25uF machten auch noch einen brauchbaren Eindruck, aber wie schon mehrfach beschrieben ist dies eine wirklich sicherheitskritische Stelle wo man besser kein Lotto spielt.

Es war also klar, dass die beiden Elkos ersetzt werden müssen um einen betriebssicheren Zustand zu erreichen.

Leider sind die Elkos in alten, europäischen Verstärkern ein "Problem".

Diese sind meist als radialer Schraubelko ausgeführt bei denen das Gehäuse den Massekontakt darstellt und lediglich die Lötanschlüsse der Pluspole als Pins herausgeführt sind. Dies ist heutzutage nicht mehr üblich!

Aktuelle, radiale Elkos werden meist per "Schelle" befestigt und haben alle Anschlüsse als Pins herausgeführt.

Fazit: Mechanisch inkompatibel! Es müssen Löcher erweitert werden und neue Löcher gebohrt werden.

 

Da wir möglichst wenig mechanisch verändern möchten ist die Herausforderung also "neue" Kondensatoren mit "altem" mechanischen" Aufbau zu finden. Gelinde gesagt ist diese Anwendung "superspeziell"!

Nach viel Internetrecherche und Email-Austausch mit dem renommierten, deutschen Kondensatorhersteller F&T findet man dann spezialisierte Shops wie "Frag Jan Zuerst" wo man eine tolle Auswahl hat. Man muss sich hier zwar wieder an die "Gründungszeiten des Internet" gewöhnen aber auch heutzutage funktioniert noch Bestellung ohne Online-Warenkorb per Email oder Telefon ziemlich gut. Man könnte laut dem Shop auch nen Brief schreiben oder ein Fax schicken. Haben wir aber nicht gemacht... wir haben das "total modern" per email erledigt.

"Jan" hat schnell geliefert, und neben 2 neuen 2x32uF Schraubelkos die von F&T hergestellt wurden (leichtes Upgrade), haben wir auch gleich auch noch einige 15nF Electrica Minifol als Koppelkondensatoren mitbestellt, die zwar nicht "Original" aber zumindest "Period Corrrect" sind.

Die Installation der neuen Elkos war ziemlich "straight forward"...
Anderweitige Problemzonen im Netzteil wie "gealterte" Widerstände gab es dieses mal nicht, da der komplette Widerstand-Satz des 1306 aus extrem hochwertigen Rosenthal Widerständen besteht, die auch nach so langer Zeit noch perfekt funktionieren und "Spot On" sind. Rosenthal ist mit das Beste was man in alten Verstärkern finden kann!

We are in good shape!
Der Amp wurde also erstmals nach langer Zeit wieder per Regel-Trenntrafo hochgefahren und das Netzteil funktioniert absolut stabil und liefert alle Spannungen so wie es sein soll.

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Überholung der Endstufe

happy days!

 

Kurz und knackig:

  • Alle Rosenthal Widerstände noch Top in Schuss...

  • Cathode-Bias Elko noch Top in Schuss...

Bei den Koppelkondensatoren vom Phase-Inverter war einer schon mal gegen einen WIMA MKP ausgetauscht worden. Eigentlich eine sehr hochwertige Wahl, auch wenn er optisch so gar nicht in den Amp passen will. Leider wurden hierzu vom alten Kondensator einfach die Anschlussdrähte abgeknipst und daran der neue Kondensator mehr angeklebt wie angelötet. Der zweite Koppelkondensator war ein vermutlich noch originaler Erofoil. Da diese meiner Erfahrung nach im Laufe der Zeit gerne "Leaky" werden habe ich kurzen Prozess gemacht und beide Kondensatoren gegen 2x15nF NOS Electrica Minifoil getauscht.

Eine kurze Messung im laufenden Amp hat anschließend auch ergeben, dass die NOS Minifoils top in Schuss sind und keinerlei Gleichspannung durchlassen.

Die Auswahl der Endstufenröhren und die Einstellung des Arbeitspunkts vertagen wir auf einen Zeitpunkt wenn der Amp komplett ist und den neuen Ausgangsübertrager hat. Solange stecken einfach die beiden betagten Valvo EL84's drin die mit dem Amp kamen.

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Überholung der Vorstufe

da gibt es was zu tun.

 

Auch hier kurz und knackig:

  • Alle Rosenthal Widerstände noch Top in Schuss...

  • Cathode-Bias Elko an der ersten Triode der ECC40 noch Top in Schuss...

Das zweite Triodensystem der ECC40 wird als Cathodyne Phase Inverter verwendet wie wir es z.B. aus einem Fender Princeton kennen, allerdings in etwas einfacheren Version ohne Koppelkondensator und Rückkopplung der Kathode auf das Steuergitter. Interessant! Wir belassen das mal so und schauen und schauen wie es performt...

Rein technisch gesehen kann man das verbessern, aber das heißt nicht automatisch dass es dadurch besser klingt.

Wir räumen auf...

Der Koppelkondensator zur EF40 Eingangsstufe wurde auch schonmal gegen einen WIMA MKP getauscht. Ebenso der 1nF Kondensator des Bass-Cut Regelnetzwerks. In beiden Fällen mit der schon oben beschriebenen "Technik" (welche eigentlich nur Faulheit ist) die Anschlussdrähte der alten Bauteile abzuknipsen und daran dann irgendwie die neuen Bauteile anzulöten. Beides haben wir korrigiert und den Koppelkondensator (wie in der Endstufe) gegen einen NOS Minifoil 15nF getauscht und den 1nF Tonkondensator gegen einen NOS 1000pF Cornell Dubilier Mica-Domino.

Ja ich weiß, ein US Domino Cap in einem europäischen Amp aus den 1960ern ist eigentlich "nicht korrekt". Aber er hat sich einfach prima ins Gesamtbild eingefügt und diese Kondensatoren klingen hervorragend!

Und ach ja... natürlich haben wir die neuen Bauteile nicht einfach an alte (in der Luft stehende) Drähtchen angelötet, sondern den bisherigen Murks komplett entfernt und sauber an die entsprechenden Anschlussterminals verbunden. "Quick & Dirty" kann in anderen Zusammenhängen auch schonmal sehr reizvoll sein, aber sicherlich nicht wenn es um die Restauration alter Amps geht. Hier mögen wir es im Tube Workshop eher sauber und solide.

Modifikation der EF40 Eingangsstufe...

Tja, diese ist etwas "spezieller".

Ein Koppelkondesantor zum Mikrofoneingang... ein extrem hochohmiger Grid-Leak Widerstand mit 10meg... Kathode direkt an Masse. Dies ist ein recht "antiquiertes" Konzept welches man Grid-Leak Bias nennt und kam in der Frühzeit der Röhrentechnik oft zum Einsatz. Hierbei nutzt man den Effekt, dass sich einige der an der Kathode emittierten Elektronen zum Steuergitter der Röhre verirren und dort ein negatives Potential aufbauen welche als negative Gittervorspannung genutzt werden kann.

Im Normalfall fließt die Ladung direkt wieder über den Grid-Leak Widerstand ab. Um dies zu verhindern wird dieser nun extrem groß gewählt (5-10meg) und das Steuergitter muss per Koppelkondensator vom Eingangssignal DC-Mäßig abgekoppelt werden.

Ja... funktioniert... einigermaßen...

Um das Biasing stabiler zu gestalten ist man bei Vorstufenröhren recht schnell zum Cathode-Biasing übergegangen. Hiermit kann man auch auf den Koppelkondensator am Grid-Eingang verzichten und ist freier in der Wahl des Grid-Leak Widerstandes (und damit der Eingangsimpedanz der Schaltung).

 

Ehrlich gesagt bin ich überrascht in einem Verstärker aus den 60er Jahren noch Grid-Leak Biasing vorzufinden. Das war zu der Zeit eigentlich nicht mehr "State of the art". Aber "who knows"... vielleicht ein genialer Move der Philips Ingenieure für den Mikrofon-Eingang? Vielleicht haben sie aber auch einfach nur nach einer durchzechten Nacht auf der Reeperbahn am nächsten Morgen ein wenig Mist gebaut...

Meiner Meinung nach funktioniert die EF40 deutlich besser wenn man ihr einen Kathodenwiderstand (in dieser Schaltung 1.5k) sowie einen Cathode Bypass Kondensator von 25uF spendiert. Stabiler Kathodenbias... keine verirrten Elektronen am Steuergitter die wir dort hegen und pflegen müssen. That's the way to go!

Gesagt, getan... leider mussten wir im Philips 1306 aufgrund der Platzverhältnisse einen Standard-Elko mit 25uF/63V verwenden anstatt der sonst üblichen 25uF Cathode-Bypass Kondensatoren vom Tube Amp Doctor mit glatter Folie. Aber davon wird die Welt nicht untergehen.

Ebenso wurde der 100nF WIMA Schirmgitterwiderstand der EF40 gegen eine NOS Electrica Minifoil Type getauscht.
Auch wenn die alten WIMA's mit zu den schönsten Kondensatoren gehören die ich kenne (sehen aus wie Bonbons), der 100nF Kondensator zur Stabilisierung des Schirmgitters war in unserem Amp einfach "Leaky" und musste ersetzt werden

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Eingang für Gitarre

blecharbeiten.

 

Wie oben schon beschrieben haben wir in der Vorstufe eigentlich schon alles vorbereitet damit der Amp gut mit Gitarre funktioniert. Leider befindet sich am Amp der originale 3pol DIN Eingang der damals üblich war.

Rein mechanisch gibt es auch kein 1:1 Replacement um die Bohrungen der alten DIN Eingänge auf eine Klinkenbuchse umzurüsten.

Wir bedienen uns hier also einer Methode (die wir schon oft verwendet haben) bei der die originale Gehäuseöffnung von innen durch ein schwarzes Alublech abgedeckt wird welches über eine entsprechende Bohrung für eine Klinkenbuchse verfügt.

Beim 1306 mussten hierfür am entsprechenden Halteblech 2 zusätzliche Bohrungen gesetzt werden (wer mitzählt: Das waren 2 von 4 Bohrungen die den Originalzustand des Amps verändern). Als Endergebnis haben wir aber hiermit den Amp auf Klinkeneingang umgerüstet mit einem optisch und technisch sehr ansprechendem Ergebnis.

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Erster Klangtest

hat Potential!

 

Obwohl der Ausgangsübertrager noch nicht getauscht wurde wagen wir uns an einen ersten Klangtest. Verwendet wurde das originale Röhrenset bei dem wir wissen, dass zumindest eine der EL84's nicht mehr Fit ist.

Angeschlossen war eine 16Ohm Gitarrenbox welche weitab der Gegebenheiten des originalen Ausgangsübertragers liegt.

Ist dieser Test also aussagekräftig: "Nein ist er nicht"

Aber er gibt uns ein gutes Gefühl dafür wir bei dem Amp stehen und was möglich ist.

  • Die Nebengeräusche und der Grundbrumm sind in einem mehr als akzeptablem Maß

  • Der Amp kling aus dem Stand sehr vielversprechend. Ein "Treble Bypass" am Volume Poti ist aber definitiv noch notwendig

  • Der "Tiefen" Regler (der ursprünglich für Mikrofone designed wurde) leistet auch an der Gitarre hervorragende Dienste.

  • Voll aufgerissen scheint der Amp auch in der Lage zu sein VOX- oder Marshall-Style Zerrsounds auf hohem Niveau zu liefern

Dies ist nur ein erster Test unter nicht optimalen Bedingungen.

Aber es zeichnet sich ab, dass unser kleiner Philips 1306 ein toller Gitarrenamp werden kann...

Neuer Ausgangsübertrager

der Traum meiner schlaflosen Nächte!

 

Um dem Amp eine Zukunft zu bescheren in dem er nicht mangels sinnvoller Anwendung im Regal verstaubt (sondern benutzt und geliebt wird) hatten wir uns ja bereits entschieden einen neuen Ausgangsübertrager zu installieren sowie einen Speaker-Out und Impedanzwahlschalter einzubauen.

Klingt eigentlich gar nicht so kompliziert. Ausgangsübertrager im Bereich 10-20W die für 2xEL84 passen und Sekundärwicklungen für 4, 8 und 16Ohm haben sind ja jetzt nichts unübliches.

Wenn man dann aber mal den alten Ausgangstrafo ausgebaut und vermessen hat stellt man natürlich fest dass der ein heutzutage absolut unübliches Maß hat. Und natürlich ist es in dem Amp auch so eng, dass man nicht mal eben nen X-beliebigen Ersatz installieren und nach Wunsch neue Befestigungslöcher bohren kann. Irgendwas is halt immer...

Was macht man also abends anstatt im Biergarten zu sitzen?

Richtig, man durchforstet nächtelang das Internet nach nem passenden Ausgangsübertrager. Hierzu muss man schon ein wenig "Amp-Crazy" sein, aber hey... in den letzten beiden Wochen war das Wetter eh kacke und nicht Biergarten-Tauglich.

Ich kenne mittlerweile also so ziemlich jeden Ausgangsübertrager mit ca. 8k Primärimpedanz und Sekundärwicklungen für 4, 8 und 16Ohm persönlich und kann auch auswendig die Maße nennen! Das kann sicherlich nicht jeder von sich behaupten und vermutlich gibt es dafür auch gute Gründe... ;-)

Die Entscheidung ist letztendlich auf einen Übertrager von Tube-Town gefallen, der speziell für Amps wie 18W Marshalls in Europa hergestellt wird. Dieser hat einerseits genau die technischen Spezifikationen die wir suchen, außerdem ist er von den Maßen sehr nah am Originaltrafo und verfügt über viele Laminierungen. "Viel Metall" ist immer gut in nem Ausgangsübertrager da er hiermit länger stabil bleibt, vor allem im Bassbereich.

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Ich möchte nicht sagen dass es ein problemloses "Drop-In Replacement" war, aber mit etwas Feilen, Fluchen und leichten Hammerschlägen hier und da konnten wir den neuen Ausgangs-Tranny mit der bestehenden Befestigungs-Hardware und vorhandenen Schraublöchern dazu bewegen sich im 1306 zu Hause zu fühlen. Operation also erfolgreich!

Da wir gerade eh im "Mechanik-Modus" waren haben wir auch gleich auf der Rückseite des Amps den Impedanzwahlschalter und den Klinken-Speakerausgang installiert. Das waren die 2 verbleibenden Löcher die wir oben beschrieben haben die den Originalzustand verändern. So be it!

Als nächstes können wir Feile, Hammer und Akkuschrauber wieder bei Seite legen und den Lötkolben anwerfen um den neuen Ausgangsübertrager anzuschließen. Hierzu gibt es nicht viel spannendes zu erzählen. Am Anfang hat man ein Spaghetti-Wirrwar aus bunten Kabeln. Am Ende sind die einigermaßen ordentlich überall dorthin verlegt und angelötet wo sie hingehören und verleihen dem Amp optisch ein wenig buntes "Rainbow-Flair". Besonders stolz bin ich übrigens auf das rosa Kabel zur Speaker-Buchse. Why? Why not?!?!

 

Erwähnt sei vielleicht noch dass wir bei der Gelegenheit gleich noch ein neues Netzkabel installiert haben welches über einen guten Chassis-Ground geerdet ist und per Kabelschelle über eine sinnvolle Zugentlastung verfügt. Vorher war das eher ein "Fly-Wire"... nicht gut bei 230V.

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Bestücken und Einmessen der Endstufe

auf der Zielgeraden.

 

Ok, von bunten Kabeln wieder zurück zum Ernst des Lebens. Die Endstufe braucht ein gut funktionierendes Röhrenset.

Ein kurzer Test nach dem Einbau des neuen Ausgangsübertragers mit dem alten Röhrenset hat gezeigt das alles funktioniert wie es soll und wir auch die Primärwicklungen des Ausgangsübertragers richtig herum angeschlossen haben. Kann man diese falsch herum anschließen? Ja kann man... zumindest bei einem Amp der mit negative Feedback vom Speaker-Ausgang auf den Preamp arbeitet (wie beim 1306). Vertauscht man hier die Primäranschlüsse des Ausgangsübertragers macht man aus dem negative Feedback ein "positive Feedback" welches einem eine unglaubliche (aber sehr unschöne) Verstärkung des Ausgangssignals beschert. Wenn ihr also mal irgendwo einen Ausgangsübertrager erneuert und anschließend "Noises from Hell" hört... tauscht mal die Anschlüsse der Primärwicklungen.

Aber eigentlich wollten wir ja über das Bestücken der Endstufe reden.

Wie oben schon geschrieben war das EL84-Set das mit dem Amp kam nicht mehr gut in Schuss. Eine der alten Valvo's EL84 hat noch sehr gut brauchbare Werte gezeigt, die andere hat zwar noch irgendwie funktioniert war aber sehr schwächlich und ein Fall fürs Museum.

Beim durchstöbern des Tube Workshop Fundus an alten Röhren und gematchten Pärchen ist uns eine einzelne alte Valvo EL84 in die Hände gefallen die laut Messprotokoll quasi identische Werte zu der noch gut funktionierenden Röhre des Röhrensets hat.

Ein kurzer Check in unserem eTracer Curve Tracer hat gezeigt, dass diese beiden Röhren quasi identische Werte haben und ein perfekt gematches Pärchen ergeben mit einer Abweichung <2%. Unglaublich, das ist ja quasi "Liebe auf den ersten Blick"!

Manchmal muss man einfach Glück haben im Leben. Die beiden Röhren sind jetzt also ein "Matched Pair" bis dass der Tod sie scheidet. Good Luck!

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Mit unseren frisch verheirateten Röhrenset checken wir dann gleich mal den Arbeitspunkt und die Ausgangsleistung.

In meinem bevorzugten Setup messe ich gleichzeitig die Anodenspannungen, die Kathodenspannung (bei Cathode Biased Amps) sowie den Anodenstrom. Hieraus ergibt sich direkt ein sehr klares Bild des Arbeitspunktes. In unserem Fall lagen wir mit einer Plate Dissipation der EL84's von 9,5W und 9,9W sehr nahe beisammen und ungefähr bei 79-82% der maximalen Plate Dissipation für EL84's im Cathode Biased Mode. Das ist in diesem Amp perfekt!

Mit einem niegelnagelneuen Röhrenset hätte ich vermutlich den Cathode-Bias Widerstand etwas verringert um in den Bereich 95-100% zu kommen. Das "betagte" Valvo Röhrenset möchte ich diesem Stress aber nicht mehr aussetzen um es noch möglichst lange in gut funktionierendem Zustand zu erhalten. Lasst es uns (dem Alter der Röhren entsprechend) ein klein wenig "Relaxter" angehen.

Wer sich jetzt fragt:
"Warum haben die beiden EL84 im Röhrentestsystem quasi identische Werte, zeigen dann aber im realen Amp eine leicht unterschiedliche Plate Dissipation?". Auch wenn es hier nur minimale 3% Unterschied sind.

Die Antwort ist: "Life isn't perfect!"

Im Testsystem werden die Röhren unter immer gleichen, stabilen Bedingungen auf ihre technischen Werte geprüft.

Im realen Amp haben aber noch andere Faktoren Einfluss auf die Performance. Ein wichtiger Faktor in einer Push-Pull Endstufe ist z.B. die Symmetrie der Primärwicklungen des Ausgangsübertragers. Diese sind quasi NIE absolut identisch.

Somit fließt auch bei "Perfekt gematchten" Röhren ein leicht unterschiedlicher Ruhestrom und die Plate Dissipation weicht leicht ab. In unserem Fall sind die Primärwicklungshälften des Ausgangsübertragers mit nur 2,2Ohm Unterschied aber wirklich sehr nahe an "Perfekt". Da habe ich schon oft viel größere Unterschiede gemessen.

Was bringt uns diese fast perfekte Symmetrie der Endstufe?

Vom klanglichen Aspekt her bleibt es Geschmacksache ob eine perfekt symmetrische Endstufe besser klingt oder "langweiliger". Manche sind der Meinung, dass ein leichtes Mismatching einen obertonreicheren und damit besseren Klang beschert. Ich möchte hier mal weder zustimmen noch widersprechen. Leicht unsymmetrische Endstufen können klanglich sicherlich "interessante" Dinge tun.

Ein nicht zu verleugnender Faktor ist allerdings, dass eine sehr symmetrische Push-Pull Endstufe die maximale Unterdrückung von Nebengeräuschen erreicht. Speziell bezüglich Netzbrummen wird hier der Effekt genutzt, dass die Endstufenröhren zwar am ersten Spannungsnode mit dem höchsten Ripple (= Restwelligkeit der Netzspannung) hängen, sich dieser aber wieder durch die Gegenphasigkeit der Endstufenröhren auslöscht.

Und tatsächlich: 

In unserem Philips arbeitet die Endstufe mit dem perfekt gematchten Röhrenset und dem sehr symmetrischen Ausgangsübertrager quasi perfekt symmetrisch, was sich darin äußert dass es keinen wahrnehmbaren Netzbrumm gibt. Nach dem Einschalten des Amps ist zuerst ein Brummen zu hören, welcher dann quasi komplett verschwindet wenn die Endstufenröhren ihren Arbeitspunkt erreicht haben. Ehrlich gesagt ist der 1306 einer der "leisesten" Amps die ich je gehört habe und hat quasi keinen wahrnehmbaren Netzbrumm. Erstaunlich! Das krasse Gegenteil sind z.B. alte AC30's, die aufgrund ihres unaufgeräumten Designs IMMER ein sehr deutlich wahrnehmbares Brummen haben.

Wir befinden uns also jedenfalls im Bereich "more than good", und auch die gemessene Audio RMS Ausgangsleistung ist mit 13,1W "before Distortion" mehr als gesund für einen 12W Verstärker.

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Klangtuning

da geht noch was.

 

Der Amp ist nun also technisch wieder Top in Schuss, mit einer potenten 2xEL84 Endstufe und extrem wenig Nebengeräuschen. Tolle Ausgangsbasis!

Im Originalzustand ist der Amp natürlich auf lineare Verstärkung ausgelegt und klingt somit mit der Gitarre etwas dumpf, da wir hier gerne mehr Hochmitten und Höhen und oft auch einen schlankeren Bassbereich haben möchten. 

Den schlankeren Bassbereich können wir mit dem "Tiefen-Regler" perfekt abbilden, deshalb bleibt dieser auch so wie er ist in der Schaltung. Es ist quasi die Umkehr zum Normal-Channel eines AC15 oder AC30 wo der Höhenbereich per "Cut"-Regler zurückgenommen werden kann, während der Tiefenbereich fest vorgegeben ist. Im Philips 1306 werden wir es so machen, dass der Höhenbereich fest vorgegeben ist und wir die Tiefen per Regler zurücknehmen können.

Widmen wir uns also der Höhenwidergabe.

Neben anderen möglichen Eingriffen um die Höhenwidergabe zu pushen ist der naheliegendste und simpelste Eingriff ein Treble-Bypass Kondensator am Volume-Poti. Begonnen haben wir mit einem modernen 150pF Silver Mica. Mit diesem erhalten wir bereits einen sehr schönen, kristallklaren oberen Höhenbereich vermissen aber noch ein wenig Durchschlagskraft in den Hochmitten. Der Tausch gegen einen modernen 250pF Silver Mica bringt uns schon in die richtige Richtung mit genau der Klarheit die wir uns wünschen, allerdings wird der Sound damit schon fast etwas zu "glasig" und zu sehr "HiFi".

Letztendlich ist unsere Wahl ein NOS 250pF Cornell Dubilier "Domino" Mica Kondensator.

Bereits in vielen anderen Projekten haben wir festgestellt, dass diese alten "Domino's" (im Gegensatz zu den modernen Typen) etwas "gemäßigter" klingen. Man könnte den Klang mit "Kehliger" oder "Holziger" beschreiben, auch wenn ein Kondensator aus Mica und Plastik eigentlich nicht nach Holz klingen kann... ;-)

In vielen anderen Amps sind die modernen Mica's die perfekte Wahl, da sie sehr edel und fast "HiFi" klingen. Wir verwenden diese z.B. auch im 2864-S und in dieser Schaltung waren sie unschlagbar. Im Philips 1306 allerdings hat allerdings der alte Cornell Dubilier genau die Klangfarbe gebracht die perfekt zu den etwas rauhen EL84 passt. Die Höhenabstimmung ist mit dem gewählten Wert schon recht "offensiv" (aber nicht "aggressiv"), aber das ist gut so da im Zweifelsfalle per Tone Poti an der Gitarre die Höhen etwas zurückgenommen werden können. Umgekehrt, bei zu wenig Höhen gibt es keine Möglichkeit welche dazu zu regeln.

Um Euch mal einen groben Einblick zu geben, haben wir unten den finalen Schaltplan sowie die Simulation des Frequenzgangs mit dem 250pF Treble Bypasss und verschiedenen Einstellungen des Tiefen-Reglers gepostet.

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Cathodyne Phase Inverter

Great job. Fender sollte mal nach Hamburg kommen.

 

Wie oben schon beschrieben befindet sich im 1306 ein relativ simpler, DC-Gekoppelter Cathodyne Phase Inverter.

Cathodyne Phase Inverters findet man z.B. im legendären Fender Princeton, allerdings in einer scheinbar etwas "besseren" Version die AC-Gekoppelt ist und dem Steuergitter des Phase Inverters bessere Bias-Verhältnisse beschert.

Nun, was soll ich sagen... das ist von der Theorie her alles richtig, aber von der Symmetrie des Phase Inverters her haben wir mit dem vorhandenen, DC-Gekoppelten Design die besten Ergebnisse erhalten. Sowohl in der Simulation als auch in der Praxis.

Dieses Design ist zwar "stressig" für das Steuergitter des Phase Inverters (welches eine recht hohe Spannung verkraften muss), aber es funktioniert perfekt!

Die hochgelobten Fender-Ingenieure aus Californien sollten also mal mit den Hamburger Phillips Ingenieuren ne durchzechte Nacht auf der Reeperbahn verbringen und dabei Cathodyne Phase Inverters diskutieren. Ok, vielleicht zuerst die Phase Inverters diskutieren, dann Reeperbahn... das funktioniert von der Reihenfolge her vermutlich besser.

Volume Poti

unüblich oder charakterstark?

 

Mit aktuellen logarithmischen Potis erhält man meist eine Regelcharakteristik wo sich der Clean-Bereich eines Amps im bei Settings 1-3 abspielt, danach bewegen wir uns stufenlos in Richtung "Distortion".

Das im 1306 verbaute 500k Log Poti scheint über eine "flachere" Regelcharakteristik zu verfügen. Im Bereich 1-5 können wir sehr feinfühlig den "Clean-Bereich" einstellen, während bei Settings >5 der Amp dann sehr massiv die Verstärkung erhöht und in den Distortion Bereich geht.

Ob das jetzt eher "gut" oder "schlecht" ist, ist Geschmacksache. Wir belassen dem Amp mal vorerst diese Eigenheit und schauen wie sich das in der Praxis bewährt. Oder auch nicht...

Fazit

Der Philips VE1306-02 ist ein toller Gitarrenamp geworden!

Zutaten die man heraushört sind sicherlich die EF40 Vorstufe und 2xEL84 Endstufe die Anleihen an einem VOX AC15 haben. Gleichzeitig sind aber auch mit dem Cathodyne Phase Inverter und dem relativ hohen "negative Bias" starke Fender Zutaten vorhanden die sich nicht leugnen lassen.

Der Amp kling kontrollierter und weniger ruppig wie z.B. ein VOX AC15, hat aber gleichzeitig mehr "Bite" wie z.B. ein Fender Princeton durch die EL84's. Eine tolle Kombi!

Im Volume-Poti  Bereich 1-5 lässt sich der Amp sehr feinfühlig in der Lautstärke als Bedroom-Amp regeln und bietet die perfekte "Pedal-Plattform". Darüber hinaus legt er nochmal deutlich an Lautstärke zu und geht in den Distortion Bereich. Klanglich sehr geil, aber hier braucht man dann schon tolerante Nachbarn... ;-)

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Unsere bekannte "Box of Shame" war dieses mal gar nicht so prall gefüllt wie bei anderen Amp...

Der Ausgangsübertrager, eine EL84, ein paar Kondensatoren... that's it!

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Und richtig "Fancy" ist die Netzleuchte die (zur Abwechslung mal) aus der Sekundärspannung der EZ80 Gleichrichterröhren betrieben wird und somit erst angeht wenn der Amp "Einsatzbereit" ist...

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