Restauration
60ies Klemt Echolette M40
Die letzten 20 Jahre hatte diese Klemt Echolette M40 aus den frühen 60ern unbeachtet in einem alten Schuppen verbracht. Der neue Besitzer hat uns gefragt: "Denkt Ihr man kriegt das Ding wieder zum Laufen?" Aber klar doch...
Historie
those were the days.
Die Klemt Echolette M40 und die dazu passenden Echolette LE2 Lautsprecher waren DIE Club-PA der 60er Jahre in Deutschland. Ausgestattet mit 4 Eingängen die alles von Mikrofon über Gitarre bis hin zu hochpegeligen Tasteninstrumenten verarbeiten konnten und einer 32W Ultralinear-Endstufe mit 4xEL84 war man damit als Band für alles gerüstet was kommen konnte.
Das Beste vom Besten also. Those were the days! Der Legende nach haben damit auch die Beatles ihre legendären Auftritte im Hamburger Star-Club bestritten.
Ausgangslage
ohoh!
Genau eine solche Echolette Club PA hat unser Kunde nach über 20 Jahren "dahinvegetieren" aus einem alten Schuppen gerettet und möchte diese in Zukunft auch wieder genau so benutzen. Nämlich als eine Verstärkeranlage für Gesang und Instrumente mit viel Vintage-Charme.
Ein paar erste Handy-Fotos des Besitzers ließen nichts gutes vermuten.
Netzteil-Elkos die Elektrolyt "erbrochen" hatten. Ein Netzschalter der defekt war und einfach per verdrillten Kabeln umgangen wurde. Eine defekte Sicherung die nicht ersetzt wurde sondern einfach per Alufolie überbrückt wurde.
Unsere klare Empfehlung
Auf keinen Fall einschalten! Direkt in den Tube WorkShop bringen zur Begutachtung.
Nachdem die Echolette M40 im Tube Workshop angekommen war stellte sich Erleichterung ein.
Ja, der Netzschalter war intern abgebrochen... jemand hatte die Sicherung überbrückt... die Netzteilelkos waren am Ende... und in dem Gerät befand sich der Staub der letzten 60 Jahre...
Aber ansonsten war der Amp in wirklich gutem Zustand!
Das Gehäuse war noch absolut OK...
Es war ein originales Röhrenset vorhanden mit 5x Telefunken ECC83, 4x Siemens EL84 und EZ81's von Valvo und Siemens...
Die Transformatoren zeigten bei der Messung der Wicklungen keine Kurzschlüsse oder Unterbrechungen...
Die Schaltung war in absolutem Originalzustand und hatte nach dem Verlassen des Werks nie wieder nen Lötkolben gesehen...
Speziell letzteres hilft bei einer Restauration sehr, da man ausgehend vom Werkszustand defekte Bauteile ersetzen kann und nicht erst langwierig gutgemeinte Bastelversuche von Lötkolben-Artisten aus der Vergangenheit sichten und beseitigen muss.
Als erstes wurden die Innereien des Amp mal per Druckluft und Pinsel vom Staub der Jahrzehnte befreit (Tipp: Macht das lieber im Freien). Als sich die Staubwolke im Workshop wieder gelegt hatte sah das dann aber doch schon recht vielversprechend aus.
The Plan
"das kriegen wir schon wieder hin".
In Abstimmung mit dem Besitzer haben wir festgelegt dass die Echolette möglichst "Vintage Correct" bzw. nach Herstellerstandard restauriert werden soll. D.h. Bauteile wie Kondensatoren und Widerstände werden durch baugleiche Typen ersetzt wo immer möglich und sinnvoll. Sicherheitskritische Bauteile werden durch moderne, hochwertigere Typen ersetzt. Hier wollten wir kein "NOS-Fieber" ausbrechen lassen. Insgesamt soll aber technisch sowie optisch der Originalzustand des Amps so gut wie möglich erhalten, bzw. wiederhergestellt werden.
Da der Amp in einem nicht betriebssicheren Zustand bei uns ankam steht als erster Restaurationsschritt die Überholung des Netzteils auf der Agenda. Erst anschließend kann der Amp wieder Stück für Stück in Betrieb genommen werden und beurteilt werden welche weiteren Maßnahmen notwendig sind.
D.h. die ersten Arbeitsschritte sind:
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Tausch der 2poligen Netzbuchse gegen einen aktuellen Typ mit Schutzleiter. Erdung des Gehäuses auf Schutzleiter
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Tausch der Netzteilelkos
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Vermessung des vorhandenen Röhrensatzes auf Zustand und Funktion
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Ersetzen des Netzschalters unter Beibehaltung der originalen Optik
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Inbetriebnahme des Netzteils
Netzteil
Klemt, was habt Ihr Euch dabei nur gedacht?
Wie schon geschrieben, die Netzteil-Elkos hatten bereits begonnen Elektrolyt zu "erbrechen" und waren damit mehr als offensichtlich hinüber. Das ist bei 60 Jahre alten Elkos auch normal.
Allerdings muss man auch erwähnen dass Klemt damals Elkos mit einer Spannungsfestigkeit von 350V eingesetzt hat in einem Amp der nach den Gleichrichterröhren eine B+ Spannung von ca. 380V hat. Ok, selbst wenn man davon ausgeht dass in den 60ern die Netzspannung etwas niedriger lag als heutzutage (und damit auch die B+ Spannung niedriger war) ist das dennoch ein mehr als "grenzwertiges" Design.
In unserem Amp wurden die Netzteilelkos durch mechanisch identische Typen von F&T getauscht die über eine Spannungsfestigkeit von 450V verfügen. Hiermit sind wir im "sicheren Bereich".
An dieser Stelle ein kleiner Tech-Tipp:
Nach dem Entfernen der alten Elkos habe ich mir den Spaß gegönnt einen davon auf Kapazität und ESR-Wert zu überprüfen.
Interessanterweise konnte eine Kapazität >50uF gemessen werden und ein ESR-Wert <2Ohm.
War der Kondensator also noch "gut" und mit einer Kapazität >50uF vielleicht sogar besonders "stark"? Ähm, nope!
Entscheidend bei einem Elko ist, dass er nicht "Leaky" ist (also keine Gleichspannung durchlässt) und alle vorliegenden Elkos hatten bereits einen bedenklich niedrigen Gleichstromwiderstand im dreistelligen Kiloohmbereich. Sie waren also auf dem besten Wege einen Kurzschluss im Netzteil zu erzeugen. Ein (wie in unserem Fall) erhöhter Kapazitätswert ist hierbei übrigens ein recht guter Indikator, da bei der Kapazitätsmessung der Wert über eine Zeitkonstante beim Ladevorgang bestimmt wird. Lässt der Kondensator Gleichspannung durch lädt er sich langsamer auf und es wird ein höherer Kapazitätswert anzeigt.
Hoher Kapazitätswert = Besonders starker Kondensator? Nein... eher ein Anzeichen dafür dass er "Leaky" ist.
Aber genug des Tech-Gebrabbels welches eh niemand versteht...
Als nächstes stand die Restauration des Netzschalters an. Dies war ein recht zeitaufwändiger Arbeitsschritt.
Der Originale Netzschalter war zwar noch vorhanden, allerdings vor dem Anschlussterminal abgebrochen.
Dieser Schalter ist natürlich nicht mehr verfügbar und es musste eine Ersatztype gefunden werden die man in die Echolette M40 integrieren kann. Wir haben hier diesen Schalter verwendet [LINK]. Hierbei musste der alte Schalterknopf entfernt und mit einer Vorrichtung auf den neuen Schalter per Epoxidharz aufgebracht werden. Anschließend musste die Echolette in größerem Stil demontiert werden um passende Bohrungen für den neuen Schalter auf dem vorhandenen Haltebügel zu setzen. Am Ende des Tages konnte aber so der Netzschalter der Echolette M40 wiederhergestellt werden mit originaler Optik von Außen.
Die originalen Gleichrichterrröhren von Siemens/Lorenz haben in unserem eTracer Röhrenprüfsystem noch optimale Werte erreicht und können weiterverwendet werden.
Abschließend stand noch "Schöner Wohnen" auf dem Programm und es wurden die Röhrensockel der Gleichrichterröhren mit Isopropanol gereinigt sowie das Chassis mit Isopropanol von Schmutz und Flugrost befreit und anschließend mit WD40 behandelt um die Oberfläche zu schützen. Eine alte Zahnbürste (Chassis) und Interdentalbürsten (Röhrensockel) sind hierbei Euer Freund!
Nachdem noch die 2polige Netzbuchse gegen eine moderne Kaltgerätebuchse mit Schutzleiter getauscht wurde (und der Schutzleiter auf das Ampchassis verbunden wurde) konnte die Echolette M40 erstmals wieder mithilfe eines Regeltrafos langsam hochgefahren und zum Leben erweckt werden. Hierbei befanden sich natürlich außer den Gleichrichterröhren noch keine weiteren Röhren im Amp.
Ergebnis:
Alle Spannungen aus dem Netztrafo (HV, Heater, Endstufen-Bias) sind vorhanden und stabil. Let's move on...